Stadt der Frauen und Katzen
Kairouan gilt als eine der islamischen Hauptstaedte, nach Mekka, Medina, Jerusalem und Damaskus. Bei der Ausbreitung des Islam in Nordafrika war hier das Zentrum.
Als ich heute Nachmittag durch die Medina zog, trat ich auf stille, leere Plaetze. Keine Geschaefte, keine Haendler, keine Ausrufer, keine Musik. In ein wunderbar altes Stadthaus trat ich, mit Galerien, Balustraden und Holzschnitzereien, und ueberall Teppiche, in etwas gedaempften Farbtoenen, Karomuster in allen Groessen, Grundton Rotbraun. Ich sagte gleich zu beginn, dass ich keinen Teppich kaufe - der freundliche alte Mann begruesste mich trotzdem herzlich und rief, nachdem er gehoert hatte, woher ich kam: Bruno Kreisky! Vielleicht wollte er sagen, dass Kreisky hier gewesen sei. Das vergilbte Foto war aber weder von Kreisky noch von ihm, sondern vom Gouvernoir der Stadt.
Aus dem Haus trat ich auf stille enge Gassen.
Ungestoert konnte ich Fotoperspektiven waehlen, um die Gewoelbe, die Erker, die Knicke der Strassen gut ins Bild zu bekommen.
Jedes Tor hatte eine andere Farbe.
Es gab Halbboegen, markante Portale, eingemauerte Saeulen.
Von einem Tor zum naechsten wurde ich in die kleinsten Gaesschen gelockt.
Grosse Stille.
Ich kam an private Dinge.
Eine abgestellte Einkaufstasche.
Ein alter Mann, der sich im Tuerspalt die Zehennaegel schneidet.
Eine Werkstatt mit Drehbank hinter der angelehnten Tuer.
Immer wieder tun sich in den engen Gassen ploetzlich kleine Plaetze auf. Als ich einmal wieder zurueckgehe, merke ich eine Bewegung an der Tuer. Die Frau dahinter hat mich beobachtet und ist nun erschrocken.
Ich hoere Schritte naeherkommen.
An der engsten Stelle schiebt sich eine Frau an mir vorbei, laechelt.
Von nun an fallen mir viele eine Spalt geoeffnete Tueren auf, und aus dem Schatten dahinter folgen mir Blicke.
In einem geoeffneten Hoftor sitzt ein Maedchen, halb zu-, halb abgewandt.
Es ist Freitag Nachmittag.
Die Maenner werden in der Moschee sein.
Oder am Diwan.
Die Stadt gehoert den Frauen.
Und den Katzen.
Still wachen sie ueber die Gassen und Plaetze.
Mit den Augen.
Selbst von der Groessen Moschee, der Djama Sidi Oqba, sehe ich zuerst Frauen, sich sich umstaendlich hineinschieben. Ich tappe zum Suedtor in der engen Gasse, und erhasche einen Blick in den Unglaeubigen verbotenen Gebetsraum, noch dazu gerade die Frauenseite. Ein Maedchen kommt froehlich hergelaufen und winkt mir. Mit Blicken haben wir uns verbuendet, sie verraet mich nicht, auch die Bettler nicht, wenn ich nun heranschleiche und mich hineinbeuge in die vertieft liegende, duester erleuchtete Halle, wo unter Saeulengaengen Frauenleiber aufstehen und sich niederwerfen, einige Augenblicke habe ich.
Danach gehe ich zum suedlichen Hoftor und trete in den maechtigen Saeulengang, der in gleissenden Nachmittagslicht liegt wie die ganze Medina.
Nun treten die Glaeubigen aus der Halle, ich habe einige Minuten.
Ich bin nicht der einzige Fotograf.
Ich nuetze die Unruhe, durchkreuze den Saeulengang, um vertraut zu werden mit dem Gelaende und mich unter die Leute zu mischen.
Und pirsche mich so an die Gebetshalle heran. Erhasche Einblicke. Wechsle die Position, weiche aus.
Und sehe so einiges von diesem Prachtgebaeude, der groessten und fuehrenden Moschee Nordafrikas, deren aelteste Teile auf die Aghlabidenzeit im 9. Jahrhundert zurueckgeht.
Von der Stadtmauer aus kann ich dann die herausgeputzten freitaeglichen Moscheebesucher beobachten.
Wie bei uns am Sonntag Vormittag werden nun der betagte Vater heimgefuehrt von den Soehnen, gehen die farbenfroh gekleideten Muetterchen langsam, aufeinander gestuetzt, stuermen die Kinder eifrig davon.
Spaeter werde ich selbst eingeladen. Eine charmante junge Dame bittet mich hoeflich in ein Tor hinein. Schon vom Vorraum aus, der ueber und ueber mit Fliesen ausgelegt ist, hoere ich das Bruederchen schreien. Es wurde vor drei Tagen beschnitten, erfahre ich, als ich auf eine kleine familiaere Tischgesellschaft treffe. Freundlich werde ich zuerst franzoesisch, dann englisch, und schliesslich deutsch durchs Haus gefuehrt, von Damen in historischen blauen und tuerkisen Kostuemen und distinguierten Herren. Man zeigt mir den Garten, den Salon, das Schlafgemach, wo ein Prinz ruht. Dann wird mir gruener Tee mit Pinienkernen angeboten, und alle Augenblicke kommt eine der Damen mit einem Silbertablett voller Suessgebaeck.
Ich weiss nicht mehr, wie ich aus dem Traum herausgekommen bin, aber ich konnte in diesem Tag nichts mehr essen
Als ich heute Nachmittag durch die Medina zog, trat ich auf stille, leere Plaetze. Keine Geschaefte, keine Haendler, keine Ausrufer, keine Musik. In ein wunderbar altes Stadthaus trat ich, mit Galerien, Balustraden und Holzschnitzereien, und ueberall Teppiche, in etwas gedaempften Farbtoenen, Karomuster in allen Groessen, Grundton Rotbraun. Ich sagte gleich zu beginn, dass ich keinen Teppich kaufe - der freundliche alte Mann begruesste mich trotzdem herzlich und rief, nachdem er gehoert hatte, woher ich kam: Bruno Kreisky! Vielleicht wollte er sagen, dass Kreisky hier gewesen sei. Das vergilbte Foto war aber weder von Kreisky noch von ihm, sondern vom Gouvernoir der Stadt.
Aus dem Haus trat ich auf stille enge Gassen.
Ungestoert konnte ich Fotoperspektiven waehlen, um die Gewoelbe, die Erker, die Knicke der Strassen gut ins Bild zu bekommen.
Jedes Tor hatte eine andere Farbe.
Es gab Halbboegen, markante Portale, eingemauerte Saeulen.
Von einem Tor zum naechsten wurde ich in die kleinsten Gaesschen gelockt.
Grosse Stille.
Ich kam an private Dinge.
Eine abgestellte Einkaufstasche.
Ein alter Mann, der sich im Tuerspalt die Zehennaegel schneidet.
Eine Werkstatt mit Drehbank hinter der angelehnten Tuer.
Immer wieder tun sich in den engen Gassen ploetzlich kleine Plaetze auf. Als ich einmal wieder zurueckgehe, merke ich eine Bewegung an der Tuer. Die Frau dahinter hat mich beobachtet und ist nun erschrocken.
Ich hoere Schritte naeherkommen.
An der engsten Stelle schiebt sich eine Frau an mir vorbei, laechelt.
Von nun an fallen mir viele eine Spalt geoeffnete Tueren auf, und aus dem Schatten dahinter folgen mir Blicke.
In einem geoeffneten Hoftor sitzt ein Maedchen, halb zu-, halb abgewandt.
Es ist Freitag Nachmittag.
Die Maenner werden in der Moschee sein.
Oder am Diwan.
Die Stadt gehoert den Frauen.
Und den Katzen.
Still wachen sie ueber die Gassen und Plaetze.
Mit den Augen.
Selbst von der Groessen Moschee, der Djama Sidi Oqba, sehe ich zuerst Frauen, sich sich umstaendlich hineinschieben. Ich tappe zum Suedtor in der engen Gasse, und erhasche einen Blick in den Unglaeubigen verbotenen Gebetsraum, noch dazu gerade die Frauenseite. Ein Maedchen kommt froehlich hergelaufen und winkt mir. Mit Blicken haben wir uns verbuendet, sie verraet mich nicht, auch die Bettler nicht, wenn ich nun heranschleiche und mich hineinbeuge in die vertieft liegende, duester erleuchtete Halle, wo unter Saeulengaengen Frauenleiber aufstehen und sich niederwerfen, einige Augenblicke habe ich.
Danach gehe ich zum suedlichen Hoftor und trete in den maechtigen Saeulengang, der in gleissenden Nachmittagslicht liegt wie die ganze Medina.
Nun treten die Glaeubigen aus der Halle, ich habe einige Minuten.
Ich bin nicht der einzige Fotograf.
Ich nuetze die Unruhe, durchkreuze den Saeulengang, um vertraut zu werden mit dem Gelaende und mich unter die Leute zu mischen.
Und pirsche mich so an die Gebetshalle heran. Erhasche Einblicke. Wechsle die Position, weiche aus.
Und sehe so einiges von diesem Prachtgebaeude, der groessten und fuehrenden Moschee Nordafrikas, deren aelteste Teile auf die Aghlabidenzeit im 9. Jahrhundert zurueckgeht.
Von der Stadtmauer aus kann ich dann die herausgeputzten freitaeglichen Moscheebesucher beobachten.
Wie bei uns am Sonntag Vormittag werden nun der betagte Vater heimgefuehrt von den Soehnen, gehen die farbenfroh gekleideten Muetterchen langsam, aufeinander gestuetzt, stuermen die Kinder eifrig davon.
Spaeter werde ich selbst eingeladen. Eine charmante junge Dame bittet mich hoeflich in ein Tor hinein. Schon vom Vorraum aus, der ueber und ueber mit Fliesen ausgelegt ist, hoere ich das Bruederchen schreien. Es wurde vor drei Tagen beschnitten, erfahre ich, als ich auf eine kleine familiaere Tischgesellschaft treffe. Freundlich werde ich zuerst franzoesisch, dann englisch, und schliesslich deutsch durchs Haus gefuehrt, von Damen in historischen blauen und tuerkisen Kostuemen und distinguierten Herren. Man zeigt mir den Garten, den Salon, das Schlafgemach, wo ein Prinz ruht. Dann wird mir gruener Tee mit Pinienkernen angeboten, und alle Augenblicke kommt eine der Damen mit einem Silbertablett voller Suessgebaeck.
Ich weiss nicht mehr, wie ich aus dem Traum herausgekommen bin, aber ich konnte in diesem Tag nichts mehr essen
weichensteller - 12. Aug, 19:31
Hallo Weichensteller! Die Moschee von Kairouan
Im Verhältnis zur Größe der Mauer wirkte der einsame Arbeiter wie eine Ameise....
Geheime Winkel oder Frauen haben wir keine gesehen oder doch ? ....dazu müsste ich in meinen Tageheften nachschlagen...
Gruss schlagloch.
Hallo Schlagloch!
Danke für eure Hamburger Grüße!
Noch viel Sonne wünsche ich....