die prophetische gruppe

Als ich als Pastoralpraktikant, Diakon und dann als Kaplan in verschiedenen Pfarren arbeitete, zog es mich immer zu den „Freigeistern“ am Rand der Gemeinde hin: Sie waren meist selbständiger, interessierter und unangepaßter als die meisten Mitarbeiter in den zentralen Bereichen der Pfarre. Und sie hatten einen wachen Blick für die Vorgänge in Gemeinde, Kirche und Gesellschaft. Ich fand etwas Prophetisches an ihrer Art zu glauben und rief sie zusammen zu einer Gruppe.
Wir begannen damit, die Taufbeauftragung ernst zu nehmen: Du wirst gesalbt wie Jesus Christus zum Priester, König und Prophet. Leitfaden waren die Lebenszeugnisse der biblischen Propheten. Wir erkennen die oft verschlungenen Wege der Menschen mit Gott, wir sehen Menschen ganz auf eigene Faust und riskant glauben. Wir lesen meist nur kleine Auszüge und arbeiten uns daran ab: in Selbstvergleichen, in Bibliodrama, in Strukturanalysen kommen wir selbst ins Spiel. Um eine offene Auseinandersetzung zu ermöglichen, müssen natürlich anfangs die Barrieren abgebaut werden, die buchstäbliche, moralistische und autoritätsgläubige Auffassungen aufgebaut haben. Ein wenig historische Hintergrundinformation. Aber sobald der Bibeltext selbst freigelegt ist, beginnt er wunderbar lebendig zu werden und in den Menschen zu sprechen. – Wir bemerken all das Unausgesprochene zwischen Abraham und Sara, wir sehen die Widerspenstigkeit Mose vor dem Dornbusch, wir bewundern die Unbeugsamkeit des Amos. Ein ganzes Jahr lang näherten sich Propheten und Prophetinnen großen biblischen Frauengestalten. Auch prophetische Gestalten des neuen Testaments werden lebendig, ebenso Propheten der Geschichte und Gegenwart.

Und es zeigt sich, bei all den so verschiedenen Gruppen, die ich in den Pfarren kennengelernt habe: Es entsteht immer eine Dynamik, eine Gruppenidentität, es kommt zu Veränderungen der Menschen, sie werden selbstbewußter und bewußter christlich. Sie übernehmen Verantwortung für sich und in der Gemeinde. Und sie leben entschiedener.
Mit den Ferlacher Propheten erkundete ich den Hemmaberg und seine vor- und frühchristlichen Heiligtümer. Mit den Duineser Elegien Rilkes reisten wir nach Duino, Triest, Aquilea und Venedig. Mit den Ferlacher und Villacher Propheten gemeinsam untersuchten wir den Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach und dachten bei der Durezza Schachthöhle, wo die Kelten Opfertiere, möglicherweise sogar Menschenopfer dargebracht haben, über das christliche Opferverständnis nach. Und nun bereiste ich mit einigen Propheten Syrien, wo wir Paulus begegneten, aber auch Petrus, der Gnosis, syrischen Kirchenvätern und schließlich Mohammed. Und keiner, der zurückkam, ist, wie er vorher war!
Auch die Pfarrgemeinde profitiert. Einige neue Mitarbeiter bei den Propheten, viel neuer Geist, wache Begleitung pfarrlicher Vorgänge. Sucht nach den prophetischen Charismen!

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